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    ´Die neue Zeit hat sehr viel mit der guten alten Zeit zu tun´

    Dieser sehr weise Satz ist nicht von mir, aber ich musste in der letzten Zeit sehr oft an ihn denken. Persönlich würde ich sagen, dass die letzten drei Jahre bereits ziemlich verrückt waren, aber 2020 lag auch außerhalb meiner Vorstellungskraft. Die Pläne von few waren Anfang des Jahres auch anders…

    Für die Entwicklung der Modelle 2020 war es essenziell, dass ich im Februar noch Stoffe in Italien kaufen konnte, sehr knapp vor den europäischen Grenzschließungen. Der anschließende Lock down bescherte few und mir, wie jedem anderen auch, erst einmal die Mammutaufgabe der radikalen Akzeptanz. Wenn ich auch persönlich mit der neuen Situation ziemlich gut zurechtkam und es sogar genoss daheim zu sein, stellte sich schnell die Frage, wie few mit der neuen Situation unternehmerisch umgehen sollte, wollte und musste.

    Gefühlt kamen in dieser Zeit noch mehr Newsletter und Angebote von bekannten Modemarken und ich fragte mich täglich, ob diese Firmen denn im Augenblick keine anderen Probleme hatten als beispielsweise das Breitband Internet in einem voll besetzten drei Parteien Haus oder einer stabilen Netflixverbindung…

    Das ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, denn die Antwort ist natürlich ziemlich klar: nein sie hatten kein größeres Problem! Plötzlich, unerwartet steht alles still und das System, dass sich über Jahrzehnte aufgebaut und aufgebauscht hatte, konnte von einem auf den andern Tag nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Anforderung an uns Konsumenten, immer weiter und immer mehr zu konsumieren, wurde einfach nicht mehr erfüllt oder konnte durch den geschlossenen Einzelhandel nicht erfüllt werden.

    Auf die Gefahr mich zu wiederholen, bei few sehen wir den bewussten Konsum nach wie vor als die ehrlichste Form der Nachhaltigkeit, weshalb ich mich zu Beginn der Pandemie auch entschieden hatte, zunächst vollkommen auf Werbung für Produkte zu verzichten. Wichtig ist mir aber zu betonen, dass ich mir den Luxus dieser Entscheidung natürlich nur leisten konnte, weil die aktuellen schlanken Strukturen bei few noch keine Verantwortung für andere einschließen. Ein Punkt, den ich für das zukünftige Wachstum mit Sicherheit berücksichtigen werde.

     

    Aber, meist kommt es anders als man denkt…

    Eine liebe Freundin hat einen sehr schönen und liebenswürdigen Artikel über few, die Gründung und die Hintergründe geschrieben, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung freundlicherweise am Pfingstsonntag veröffentlicht hat. Ich betone diesen Tag deshalb, weil er einer dieser Tage ist, an denen sich plötzlich alles ändert.

    Da stand ich nun am Sonntagmorgen höchst nervös in der Tankstelle, blätterte durch die Zeitung und war unfassbar beeindruckt, dass ein einzelner Mann (Bastian Schweinsteiger) eine ganze Seite in der FAZ Sonntagsausgabe bekommt…

    Ein paar Seiten weiter und einer Ohnmacht nahe, DER Artikel… eine ganze Seite, wunderschön geschrieben und besser präsentiert als ich es mir je wünschen hätte können

    Die nächsten Tage waren verrückt… und ich mit der neuen Reichweite und Präsenz überwältigt sowie gleichermaßen maßlos überfordert. Auf diesem Wege entschuldige ich mich noch bei allen, deren Emails und Nachrichten, die sie mir im Nachgang zum Artikel geschickt haben, ich noch immer nicht beantwortet habe… Sorry!

    Es kamen so viele Bestellungen wie bisher noch nie in der jungen Existenz von few. Ich war wie gelähmt und mir ist bewusst, dass nicht alles so lief wie ich es mir gewünscht hätte, aber zusammen mit meinem wirklich fantastischen Netzwerk, haben wir alle Herausforderungen angenommen und bewältigt. Belohnt wurde few mit sehr viel wohlwollendem, schönem und konstruktivem Feedback.

    Diese Phase warf natürlich (sehr) viele Fragen auf, manchen Antworten bin ich nach wie vor auf der Spur. In der Überforderung stand durchaus mal im Raum, ob es mit few weitergehen soll und ob es wirklich das ist, was ich mir vorgestellt habe. Diese Frage kann ich mit einem ganz klaren JA beantworten!

     

    Dinge müssen sich ändern…

    Wir alle spüren und wissen, dass  sich Dinge ändern (müssen). Für few bedeutet das ganz klar die Entwicklung hin zu einem größeren Wachstum. Zurecht fragen sich jetzt alle wie jemand, der nicht müde wird zu betonen, dass weniger Konsum die einzig wahre Form von Nachhaltigkeit ist, mit höherem Wachstum also auch mit steigendem Konsum plant. Ist das nicht inkonsequent? Ich finde nicht!

    few sieht sich als Verbraucherbrand, die Menschen eine Alternative bietet, eine Alternative mit hoher Qualität zu einem fairen Preis. Eine Alternative zu einer Masse schnelllebigen und nicht besonders nachhaltigem Konsums.

    Es gibt keine Erwartung, dass  jeder alle von few angebotenen Modelle besitzt, aber wenn es einen Bedarf oder Wunsch gibt, wünschen wir uns Eure nachhaltige Alternative zu sein! Als Konsumentin weiß ich, dass  es noch viele Produkte gibt die wir, solange sich ein Trend zur Nudität nicht durchsetzt, immer wieder brauchen oder auch manchmal einfach wollen.

    Um wieder auf die Überschrift zurück zu kommen, die neue Zeit hat für mich vor allem handwerklich sehr viel mit der guten alten Zeit zu tun. Außer dem few key Blazer, der in einer familiengeführten kleinen Manufaktur in Italien gefertigt wird, werden alle anderen few Modelle aktuell noch im eigenen few Atelier in Deutschland genäht.

    In den letzten Monaten habe ich daher wieder eine sehr genaue Vorstellung, wieviel menschliche Kraft, Aufwand und Geschick es braucht, um eines unserer Kleidungsstücke zu fertigen. Natürlich gibt es hier auch schon einen hohen Automatisierungsgrad, aber ohne Schneider/innen, Näher/innen, Bügler/innen, Sticker/innen und vielen weiteren Menschen in der Produktionsvorbereitung geht es nun einmal nicht. Dass diese ganze Arbeit am anderen Ende der Welt oder im näheren europäischen Ausland nichts kostet, macht die ganze Sache nicht besser.

    Im Zuge dieser Überlegungen habe ich mich an die Anfänge von few erinnert, weshalb welche strukturellen Entscheidungen getroffen wurden. Der Direktvertrieb war eine klare Entscheidung für eine höhere Qualität zu einem erschwinglichen Preis, aber auch ein bewusster Ausstieg aus dem gängigen System des klassischen Modehandels, dass mit vielen Erwartungen an das Produktangebot und die Preisgestaltung verbunden ist/war. Gerade dieses Jahr hat gezeigt, dass  sich few dadurch ein großes Stück Freiheit erhalten hat.

    Als Realistin weiß ich, dass  sich diese Leichtigkeit der Entscheidungen verändern wird und muss, woran ich aber festhalten möchte, ist die Freiheit Entscheidungen, wenn irgendwie möglich, nicht auf Basis von Angst treffen zu müssen, denn die ist,  wie wir alle wissen, oft kein guter Berater.

    Das ist sicher der früheste Jahresrückblick und -ausblick und wer weiß, was uns die nächsten zwei Monate noch bringen werden. Aber was wir sicher nicht erst seit diesem Jahr wissen ist, dass nichts beständiger ist als der Wandel und es liegt an uns wie wir damit umgehen.

    PM

     

     

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